Das neue Recht auf Datenübertragbarkeit

Die neue Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) enthält hinsichtlich der Rechte des von einer Datenverarbeitung Betroffenen einige bereits mehr oder weniger in Deutschland bekannte Regelungen. Etwas Neues bietet allerdings Art. 20 DS-GVO. Dieser enthält das Recht auf Datenübertragbarkeit. Der Betroffene kann danach von der für die Datenverarbeitung verantwortlichen Stelle die Herausgabe der von ihm bereitgestellten personenbezogenen Daten in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format verlangen. Daneben geht der Unionsgesetzgeber davon aus, dass es sich um ein interoperables Format handeln muss.

Durch die Regelung sollen etwa Nutzer von Sozialen Medien oder von E-Mail-Diensten eine Möglichkeit erhalten, ihre Daten zu einem anderen Anbieter mitzunehmen. Auch wenn die Regelung nach dem gesetzgeberischen Willen daher insbesondere auf Online-Diensteanbieter ausgerichtet ist, betrifft sie grundsätzlich jedes Unternehmen, welches personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet.

Voraussetzung ist allerdings, dass die personenbezogenen Daten entweder auf Basis einer Einwilligung oder im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. b. DS-GVO zur Erfüllung eines Vertrags oder vorvertraglicher Maßnahmen erfolgt ist. Darüber hinaus ist allerdings bisher unklar, wie weitgehend der Begriff des Bereitstellens auszulegen sein wird. Bei einer engen Wortlautinterpretation wäre nur ein aktives und wissentliches Zurverfügungstellen der Daten durch den Betroffenen umfasst. Dies würde den Anwendungsbereich regelmäßig etwa auf die beim Anlegen des Profils übermittelten Stammdaten begrenzen. Keine Herausgabepflicht bestünde dagegen hinsichtlich solcher Daten, die der Onlineanbieter selbst aus den personenbezogenen Nutzungsdaten generiert hat. Also etwa Daten aus dem Nutzungsverhalten, wie Vorlieben, Interessen oder Empfehlungen. Die Art. 29-Gruppen erachtet dagegen Daten, die im Rahmen des Nutzertrackings vom Anbieter erhoben wurden, als „bereitgestellt“ im Sinne von Art. 20 DS-GVO und interpretiert den Wortlaut damit deutlich weiter.

Gerade im Fall eines Anbieterwechsels im Onlinebereich kann der Betroffene zudem verlangen, dass die Daten direkt vom Verantwortlichen an einen anderen Verantwortlichen übermittelt werden, sofern dies technisch möglich ist, Art. 20 Abs. 2 DS-GVO.

Eine Herausgabe der Daten nach Art. 20 DS-GVO wird jedoch gem. Art. 20 Abs. 4 DS-GVO durch Rechte und Freiheiten anderer begrenzt und scheidet aus, wenn diese beeinträchtigt würden. In Art. 20 Abs. 4 DS-GVO wird zwar lediglich auf Abs. 2, also das Recht eine Direktübermittlung an einen anderen Verantwortlichen zu verlangen, verwiesen. Hierbei handelt es sich aber wohl um ein redaktionelles Versehen.

Zudem wird sich zukünftig die Frage stellen, welche Rechte und Freiheiten einer anderen Person der Herausgabe der Daten entgegenstehen können. Würde man hierfür bereits ausreichen lassen, wenn Fotos in Sozialen Netzwerken von Dritten mit einem „Like“ versehen oder durch Dritte geteilt wurden oder auch Chats mit Dritten geführt wurden, würde das Recht aus Art. 20 DS-GVO gerade für den vom Gesetzgeber primäre als relevant erachteten Bereich der Sozialen Netzwerken, die von einer Interaktion mit Dritten leben, weitgehend leerlaufen. Dies kann nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein. In erster Linie dürfte der Gesetzgeber vielmehr gewerbliche Schutzrechte bzw. Urheberrechte als entgegenstehende Rechte Dritter im Blick gehabt haben. Anderseits wird aber auch vertreten, dass grundsätzlich kein Recht auf Übertragung personenbezogener Daten anderer Personen besteht. Auch an dieser Stellen sollte genau beobachtet werden, wie die zuständigen Aufsichtsbehörden die Vorschrift handhaben.

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